Wer das hier ernst nimmt, ist doof. So vorweg.
Es ist ein stiller Abend in den braunen Gemäuern der Hundsschanze. Wilhelm und Adolf schieben die Nachtschicht. Wachen über das Reich, kontrollieren die Datenströme auf Auffälligkeiten. Aber neben dem üblichen “Danke Merkel!” scheint nichts zu geschehen.
Bis plötzlich das Englandlied erklingt. Ihr amerikanischer Kamerad ruft an, das bedeutet immer Bewegung für die Bewegung! “Dependance Deutschland hier!” schreit Wilhelm mit dem üblichen wütenden Ton ins Telefon. Männliche Dominanz und Stärke geht vor allem über Lautstärke.
Der ausländische Kamerad, der dennoch einer von den guten ist, weil er auch für sein Land ist. Und jeder eigentlich für seins. Aber Kooperation ist ja mittlerweile erlaubt. Weil es die Sache einfacher macht. Man hasst ja nicht die Patrioten, die nur ihr Land lieben. Schließlich sind die ja auch bloss Opfer ihrer linksgrünversifften Kommunistendemokratentrottel-Regierungen! Auf jedem Fall dringt aus dem Hörer ein herrischer Befehlston mit amerikanischen Akzent. Herr Granate – der liefert immer den guten Scheiß. Soll irgendwie Firmenbotschafter sein oder sowas. Toller Typ, seitdem der da ist, ist richtig Druck in der Bewegung.
Nicht so ein Dilletant wie der Gauland, der Defätist, der seine Behauptungen gerne relativiert anstatt im verbalen Blitzkrieg nach vorne zu preschen. Der ist einer, der richtig was abliefert. Die halbe Ausrüstung hier in der Hundsschanze ist von ihm organisiert. Und das Windowslogo in schwarz weiß rot hat sie alle überzeugt!
“Jawohl Kamerad Granate! Danke für den Hinweis. Wir gehen augenblicklich auf gelben Alarm. Und erwarten baldige Verifikation von unseren Kameraden in Chemnitz!” Er legt auf, nur um gleich die nächste Telefonnummer am Monitor zu suchen und per Klick zu wählen.
“Merkel muss weg, Kamerad!” beginnt er das Gespräche. Es kommt nur ein etwas verschüchtertes Raunen zurück. “Was, du bist noch am Tatort und kannst vor deinen Polizeikameraden nicht offen reden? Diese verdammten linksgrünversifften Penner sollen sich endlich mal aufraffen und aufwachen!” Adolf tritt Wilhelm vor das Schienbein. Es ist jetzt nicht die Zeit zu schwallen, die Mission! “Ja, also Kamerad. Wir haben da…” Es dringt ein offizielles Beamtendeutsch aus dem Hörer. “Ein Deutscher?! Biodeutsch?… Ah schade. Aber wird gehen? … Syrer und Iraker! Das ist ja der Volltreffer. … 100 Messerstiche? Der Dolchstoß, wunderbar! … Frau vergewaltigen ist auch im Spiel?!” Man merkt Wilhelm die Erregung an. Schweißperlen glitzern auf seinem blanken Schädel. “Und du bist dir sicher?! … Ahso. Legst dem einen gerade Handschellen an. Das reicht wohl. Wir sehen uns morgen in Chemnitz, Kamerad.”
Dann dreht er sich zu Adolf. “Das ist es. Das ist der Wendepunkt! Wir gehen die Kameraden zusammentrommeln!” Und dank Granate ist das alles supereinfach geworden. Das Hwittler-Netzwerk erreicht die Kameraden augenblicklich. Ihr ÜberPersonentransportService lässt sie schnell Carsharing verwenden, vervierfacht die Anzahl ankarrbarer Kameraden! So schnell Truppen an die Front… Damit hätte auch der Volkssturm gelingen können.
Und der Kamerad Julian wird es mit dem völkischen Stürmer rasch in die Breite tragen. Es ist ein nun mehr eingeübtes Schema, das abläuft. Wie der Dieselmotor eines U-bootes schnurrt die rechte Erregung durch die sozialen Netzwerke.Erst nur ein ein paar wütende Takte wird daraus schnell das kräftige Surren der Kampfgeschwindigkeit!
Und heute auch mit Versammlung. Die Wutklappen sind offen. Morgen geht ein ganzer Fächer Hass auf die ahnungslose deutsche Masse los, die da noch unwissend über die Meere des Schicksals treibt. “Und immer dran denken Kameraden! Ihr müsst nicht mehr machen als den rechten Arm zu heben! Das ist unsere beste Waffe im Kampf gegen ihre Demokratie!” Es freut Adolf immer wieder, dass man mit einem erhobenen Arm die Grundfesten des Staates erschüttern kann.
Die Hundsschanze surrt mittlerweile vor Umtriebigkeit. Die geweckten Kameraden wachen langsam auf, rotten sich zum Briefing zusammen. Auf dem Monitor im Hintergrund erkennt man den aufziehenden Sturm der Entrüstung. Adolf und Wilhelm grinsen freudig. Heute wird es mal wieder ein Tag des Zorns!
Also auf technischer Ebene muss man halt schon mal feststellen, dass die Rechten eine beeindruckende organisatorische und logistische Leistung hingelegt haben. Jetzt ohne den ganzen blabla Rechtsstaat durchsetzen-Scheiß. Das war gute Arbeit, aus dem Blickwinkel.
Inhaltlich war es halt wieder das übliche, bisschen extremer als sonst. Aber selbst da kann man, könnte man, eine bereits bekannte Strategie wieder entdecken. Die des islamischen Staates, die des immer anschwellenderen Exzesses. Jedes mal eine Schippe mehr. Damit es den Journalisten nicht langweilig wird, wenn sie wie die Geier daneben stehen. Blut sehen wollen, Hitlergrüße, verfassungswidrige Symbole – wo selbst eine braune Blume schon ein zum himmelschreiender Skandal und das Ende der Demokratie ist. Diesmal sogar mit Übergriffe auf Journalisten, dass sie als Kriegsgebiet beschreiben. Sich in gegenseitigen Respektzollungen und Sympathiedepeschen ergehen. Die eigentlich, wie 90% der Berichterstattung, der rechten in die Hände spielen.
Geifernd mit Schaum vor dem Mund gieren sie nach so etwas. Die Rechte liefert es gerne, gewinnt sie damit doch mindest medial den Krieg. Erweckt den Eindruck, dass die Regierungsdämmerung begonnen habe. Erhält jetzt sogar den Adelsschlag der SPD, einer weiteren Splitterpartei, die das Problem mal angehen will…
So zelebriert man Macht, lässt seinen Schatten riesig wirken und erreicht die Masse. Gute Arbeit. Das muss man mal anerkennen. Über den Inhalt muss man ja an sich nicht einmal diskutieren. Ist halt rechts, ist halt Angst, ist halt … Vergangenheit.
Wer in den verklärten Nebeln der Vergangenheit seine Zukunft sucht, wird eh scheitern. Aber man muss halt auch einen Weg in die Zukunft weisen können, mehr zu bieten haben als ein wachkomatöses Arbeitsparlament.